Gesetze und Gutachten
Die Abgabe ins Babyfenster hat keine strafrechtlichen Folgen
Eine Mutter, die ihr Baby in ein Babyfenster legt, macht sich weder der Aussetzung im Sinne von Art. 127 StGB noch der Verletzung der elterlichen Fürsorge- und Erziehungspflicht im Sinne von Art. 219 StGB schuldig.
Nach der Mutter wird nicht gesucht
Von der Zustimmung eines Elternteils kann gemäss Art. 265c ZGB abgesehen werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Unbekannt ist der Aufenthalt, wenn dieser weder der Vormundschaftsbehörde noch den Pflegeeltern bekannt ist und auch mit den nach den Umständen gebotenen und möglichen Erhebungen nicht festgestellt werden kann. Haben die Eltern für die Erziehung des Kindes keine angemessenen Anordnungen getroffen und wussten sie oder mussten sie wissen, dass für das von ihnen zurückgelassene Kind die Platzierung zur späteren Adoption in Betracht gezogen werden könnte, so braucht nach ihrem Aufenthalt nicht nachgeforscht zu werden, insbesondere wenn die Eltern durch ihr Verhalten zum Ausdruck bringen, dass sie sich Nachforschungen über ihren Aufenthalt entziehen und mit Entscheidungen über das Schicksal ihres Kindes gar nicht behelligt werden wollen (Hegnauer in Berner Kommentar, N 15 zu Art. 265c ZGB).
Die Unterstützungspflicht entfällt
Die Unterstützungspflicht der leiblichen Eltern dauert bis zur Adoption des Kindes. Bei Pflegeeltern, die das Kind später adoptieren wollen, wird in der Regel Verzicht auf Unterhaltsbeiträge angenommen. Wenn die Eltern anonym bleiben, können sie selbst für die kurze Zeit bis zur Übergabe des Kindes an die Pflegeeltern hinsichtlich Unterstützungspflicht nicht belangt werden.
Die Vormundschaftsbehörde organisiert die Adoption
Die Abgabe eines Kindes in das Babyfenster wird umgehend der örtlichen Vormundschaftsbehörde gemeldet. Kinder anonymer Eltern gelten als Findelkinder. Sie werden unter Vormundschaft gestellt und sind zunächst von der Gemeinde zu unterstützen, auf deren Gebiet das Kind gefunden wurde. Für das Kind ist ein Pflegeplatz zu suchen, das Adoptionsverfahren kann eingeleitet werden. Falls die Eltern bekannt sind, ist deren Zustimmung einzuholen.
Die Eltern können das Kind mindestens ein Jahr lang zurückfordern
Die Eltern haben das Recht, ihr Kind mindestens bis zu einem allfälligen Adoptionsvollzug zurückzufordern. Eine Adoption kann frühestens nach einem Jahr erfolgen. Die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind stellt die nötige finanzielle und soziale Hilfe unentgeltlich zur Verfügung, damit ein Leben mit dem Kind gelingen kann.
Ein juristisches Gutachten bestätigt die Rechtmässigkeit des Babyfensters
Ein juristisches Gutachten der renommierten Zürcher Anwaltskanzlei Homberger & Strehle bescheinigt dem Babyfenster, dass es die Auflagen des schweizerischen Rechts erfüllt. Das Babyfenster ist somit grundsätzlich legal. Das ausführliche Gutachten wurde in der Vorbereitungsphase des Babyfensters (März 2001) von der Schweizerischen Hilfe für Mutter und Kind (SHMK) in Auftrag gegeben.
Der Bundesrat toleriert das Babyfenster
Im Jahr 2005 reichte Nationalrat Josef Zysiadis von der Partei der Arbeit (PdA) im Parlament eine Motion (Nr. 05.3310) ein, mit der er die Schliessung des Babyfensters verlangte. Am 7. September 2005 nahm der Bundesrat dazu Stellung und schrieb unter anderem: «Die Einrichtung eines Babyfensters kann nur unter der Voraussetzung toleriert werden, dass es sich um Nothilfe zur Abwendung einer Kindstötung oder einer Kindsaussetzung handelt». Damit schützte der Bundesrat das Babyfenster, denn es wurde ausdrücklich nur für diesen Zweck eröffnet. Der Nationalrat selbst trat auf die Motion nicht ein und schrieb sie am 22. Juni 2007 nach mehr als zweijähriger Hängigkeit stillschweigend ab.